Gretas Mama ist tot. Ihr Vater starb schon vor einigen Jahren. Greta ist erst vor kurzem 14 Jahre alt geworden und lebt seit einiger Zeit in einer Wohngruppe vom Kinder- und Jugendhaus St. Elisabeth.
Viele von Euch haben sich vor einiger Zeit dafür eingesetzt, dass Greta ein Handy, eine Telefonkarte und ein Guthaben für das Handy bekommen konnte, um mit der Mutter, die damals noch auf der Intensivstation lag, durch Sprachnachrichten im Kontakt zu sein.
Sprechen könnte die Mutter nur noch mit den Augen. Schreiben war ihr eine Zeit lang möglich. Gretas Mutter wurde dann von Gelsenkirchen aus in ein Krankenhaus einer Nachbarstadt verlegt, um spezieller behandelt zu können. Das, was für die Intensivpflege gut war, ist nun für die Beerdigung ungut. Denn: Es gibt keine Verwandtschaft und es gibt kein Geld. Aus dem Grund soll die Mutter über das Ordnungsamt der Nachbarstadt bestattet werden. Wäre sie in Gelsenkirchen gestorben, dann wäre über den Verein Ruhe-Steine e.V. (ruhesteine-ev.de) auf dem Friedhof mit einem Grabstein bestattet worden. Dies gilt aber nicht für die Ordnungsamtbestattung der Nachbarstädte. Das bedeutet nun, dass Greta, bzw. das Wohnheim, von dieser Stadt, in der die Mutter verstorben ist, keine Info bekommt, wann ihre Mutter bestattet wird. Es würde eine anonyme Bestattung werden.
Würde die Bestattung über das Sozialamt laufen, bedeutet dies wiederum, dass Greta, wenn sie 18 Jahre alt ist, die Kosten der Bestattung zurückzahlen muss. „Gehopst wie gesprungen“ – beide Varianten sind nicht gut. „DAS DARF NICHT SEIN!“, war mein erster und dann auch zweiter Gedanke, als ich das hörte. Und dann haben wir mit den Pädagoginnen aus der Kinder- und Jugendhaus überlegt, welche anderen, vielleicht unkoventionellen, Möglichkeiten es denn noch geben könnte.
Dafür habe ich meine Lavia-Kollegin von Alternative Bestattungen Caren Baesch angerufen und gefragt, was wie möglich sein könne, um Gretas Mutter und erst recht Greta ein würdevolles Abschiedsfest und Begräbnis der Mama zu ermöglichen. Caren gab die eine und andere wichtige Information und als ich fragte: „Caren, ich weiß, dass du als Jungunternehmerin noch nicht so viel Spielraum hast — aber könntest du dir vorstellen, uns zu unterstützen?“ sagte sie nach ca. 3 Sekunden: „Ok. Ich bin dabei, ich werde pro bono die Leistungen bearbeiten, die mir möglich sind.“ Bis Dienstag, den 25.8.2020 haben wir nun Zeit, alles klar zu machen, weil danach das Krankenhaus die verstorbene Mutter an das Ordnungsamt übergeben muss. Müsste. Es waren bis gestern, Donnerstagmittag, noch nicht alle notwendigen Unterlagen da.
Sie waren nicht da, weil vieles im Drunter und Drüber der schweren Krankheit der Mutter in deren Haushalt untergegangen war. Und dann ging es hin und her mit Telefonaten. Das Wohnheim, das Jugendamt, die Bestatterin, die LAVIA gGmbH, das Krankenhaus … wir alle waren im Gespräch. Und an dieser Stelle möchte ich auch besonders das herzliche und anpackende soziale Engagement des St. Elisabeth-Wohnheims benennen.
Caren, die Bestatterin, meldete sich und sagte, dass die Bestattungsfirma Lübbering unsere Idee mit einer Überführungsfahrt unterstützen würde. Wir von der LAVIA gGmbH haben nun beschlossen, neben der Trauerbegleitung zusätzlich mithilfe von Spenden die anfallenden Kosten zu ergänzen und auf dem Südfriedhof die Nutzung von einem Zweier-Urnengrab zu erwerben, damit Gretas Mama dort einen guten Platz finden kann. Wir haben uns für ein Zweiergrab entschieden, weil Greta innerhalb von wenigen Jahren eines von weiteren Kindern und Jugendlichen bei LAVIA ist, deren Mutter ansonsten anonym und ohne ein Dabei-sein-können bestattet würde.
Damals waren meine Kolleginnen Helene Löring, Beate Seemann und Leandra Fa mit mir in der Begleitung und wir hatten vom Bestatter Richard Kordt, der katholischen Kirchengemeinde in Bochum-WAT, auch von Bestattungen Bergermann Beistand erhalten. Jetzt gehen wir es erneut mit einem Team wohlgesonnener Menschen an. Und dabei brauchen wir noch weitere, die mitwirken.
Ich werde eine Spendenaktion hier auf Facebook ins Leben rufen und außerdem in diesem Post die Kontonummer für diejenigen angeben, die nicht über Facebook spenden möchten.
Diese Spendengelder werden wir in erster Linie für die Bestattung und Trauerfeier von Gretas Mutter nutzen. Wenn wir mehr Gelder einnehmen, als für die Beerdigung benötigt wird, können wir damit wieder eine der Jugendtrauergruppen weiterfinanzieren, in der auch Greta einen Platz bekommt.
Eure Gelder werden immer einem notwendigen Zweck innerhalb unserer LAVIA Familientrauerarbeit zukommen, da könnt ihr euch sicher sein. Das Grab auf dem Südfriedhof werden wir mit Greta und weiteren Jugendlichen von Lavia pflegen.
„Es bindet grade ganz viel Zeit, da wo ich grade noch viel anderes zu tun habe“, sagt Caren, die Bestatterin, mir in einer Sprachnachricht. „Aber es macht … es macht auch ein gutes Gefühl zu helfen.“ Und ich antworte: „Ja, ich verstehe was du meinst. Es war heute mein freier Tag, in den zwei Familien und Gretas Mama hineingeschneit sind – aber es ist so gut, mit Dir und den anderen etwas zu bewegen.
“ Und unser Fazit des Tages ist: Klinik, Ordnungsamt, das Referat Vormundschaften, die Pädagoginnen – wir alle waren berührt und bemüht, gemeinsam gute Wege zu finden. Ein Highlight-Tag, trotz der Schwere der Situation.
Nein, es wird nicht machbar sein, immer wieder Bestattungen auf eigene Kosten und Mühen durchzuführen – das ist auch nicht das, was haltbar ist und was wir anstreben.
Aber wir möchten heute darauf aufmerksam machen, dass ordnungsamtliche Bestattungen meist unwürdig verlaufen, auch weil die Verstorbenen anonym gesammelt in Gemeinschaftsgräbern bestattet werden. Angehörige werden nicht in den Prozess mit einbezogen. Die Kosten für Bestattungen seitens des Sozialamtes decken nicht die Kosten, die rund um die Beerdigung benötigt werden.
Eine Sozialamtsbestattung ist für die meisten Bestatter nicht kostendeckend und dadurch oft eine teilweise pro bono-Bestattung. Bis dass die letzten Kosten geklärt sind, vergehen oft Monate – jedes normale Unternehmen würde damit in den Konkurs gehen. Etliche Bestatter ebenfalls – oder sie arbeiten unter diesen unguten Bedingungen.
Viele Beerdigungsinstitute lehnen mittlerweile Sozialamtsbestattungen ab und dann bleibt den Angehörigen im Endeffekt nur noch die Ordnungsamtsbestattung.
Die Barmherzigkeit von helfenden Menschen darf nicht dauerhaft durch einen Systemfehler überbeansprucht werden, der Bestattungen kompliziert bis unwürdig macht. Es wäre wichtig, die Sätze in allen Kommunen den aktuellen Gebühren anzugleichen.
Das ist ganz sicher auch eine Aufgabe der Bestatter Verband/Verbände. Wir von LAVIA Familientrauerbegleitung setzen uns heute mit vielen anderen Menschen vorerst für Greta und deren Mama ein.
Danke an Euch alle, die Ihr immer wieder mit Worten und Taten unsere Familientrauerarbeit teilt und mittragt.
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