Christin, eine 23-jährige Studentin, ruft mich an. Ihre Tante, liegt seit einigen Tagen im Hospiz und wird dort sterben. Derzeit dürfen der Ehemann und die Kinder der Tante sie dort nicht besuchen, jeden Tag bitten sie wieder um einen eine kleine Ausnahme.
Die Tante ist für Christin wie eine Zweitmutter, weil sie bei ihr über eine lange Zeit groß geworden ist. Dennoch wird sie als Nichte überhaupt keine Chance mehr haben, sich von der Lieblingstante zu verabschieden.
Wir überlegen hin und her:
Einen Brief schreiben und diesen im Garten verbrennen und somit die geschriebenen Worte über den Rauch zur Tante „senden“?
Einen Brief schreiben und ihn der Tante auf den Nachttisch stellen?
Den geschriebenen Brief der Tante vorlesen lassen?
Und dann kommt mir etwas später ein neuer Gedanke, den ich Christin am späten Abend noch per Facebook zukommen lasse: Sie könnte der Tante eine Sprachnachricht aufnehmen und diese ins Hospiz senden. Kopfhörer könnte sie in den Hospizbriefkasten legen, damit die Tante, die schon nicht mehr ansprechbar ist, die Sprachnachricht mit ihrer Stimme in das Ohr bekommt. „Eine gute Idee!“ schreibt sie zurück. „Ich mache mir mal Gedanken dazu.“
Und am nächsten Morgen kommt noch eine Nachricht: „Danke für die Idee mit der Sprachnachricht, ich habe grade schon eine gemacht und werde es jetzt jeden Tag, so lange es möglich ist, es so weiter machen. Ich hatte grade noch eine weitere Idee: nämlich aus dem Pferdestall so vertraute Geräusche von Bewegung, Fressen, Schnauben und so aufzunehmen, es gibt so typische Geräusche, die ich echt ganz gut aufnehmen kann. Das sind Geräusche, die ihr bestimmt auch total gut tun, weil sie ihre Pferde echt so liebt.“
Was für eine schöne Idee von der Nichte, die auch ein bisschen wie eine Tochter ist! Und wie gut, dass das Hospiz sie bei den Möglichkeiten, die nun übrig bleiben, mit unterstützt.
Wisst ihr, was ich bei der Familientrauerarbeit so mag, ist, dass wir versuchen, durch Impulse „Hilfe zur Selbsthilfe“ anzubieten.
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